Jazzmusiker laden gern sich Gäste ein. Und wenn ein Jubiläum welcher Art auch immer vor der Tür steht, geht man mit solchen und einer frischen CD auch gleich auf Tournee. Das gehört sich einfach so.
So zieht auch das Christoph Irniger Trio zum 10-jährigen Betriebsjubiläum mit einer erweiterten Frontline durch die Lande. Dazu hat sich der international renommierte Schweizer Tenorsaxophonist gleich einen US-Kollegen angelacht, der als Stilist am Altsaxophon ein gar gefragter Mann ist, hat er sich doch als ehemaliger Student solcher Weltmeister wie Lee Konitz und Dave Liebman das beste Rüstzeug für eine große Karriere erworben. Das nutzten auch schon Carla Bley, Charlie Haden, John Abercrombie oder Joe Lovano und holten ihn zum Stelldichein. Und auch im New Yorker Village Vanguard Jazz Orchestra geht unser Loren ein und aus.
Seine kühnen Intervallsprünge helfen dabei, Phrasen von weiser Metrik zu bilden, um sich dann gleich wieder vom Swing-Feeling treiben zu lassen. Wie auch auf dem aktuellen Album Open City (Intakt Records), wofür sich Christoph Irniger neben Loren Stillman auch noch den deutschen Posaunisten Nils Wogram in die Runde holte. Prombt wurde das Ganze in einem Schweizer Blatt gleich als eine Mischung von „ein bisschen Avantgarde-Eleganz und Rock-Ausdauer“ mit einem „etwas außermittigen Gefühl“ gedeutet. Das finden wir lustig.
So komplex das Christoph Irniger Trio auch klingen mag, auf Open Music feiert die schweizerisch-amerikanische Freundschaft (auch der bekannte Schlagzeuger Ziv Ravitz lebt in NYC) jedenfalls das Melodiöse. Die Stücke sind geprägt von dichten Texturen, die aber zeigen, dass die eingängige Melodie und eine komplexe Klangwelt einander nicht ausschließen müssen. Sondern sich wechselseitig erst richtig in die Gänge bringen. Dabei besticht auch die sorgfältige Orchestrierung und die Art, wie in Irnigers Musik die Improvisation die Komposition verdeutlicht.
Ein Quartett, das derartig ineinander verzahnt und auf gleicher Höhe miteinander spielt, findet man auch nicht alle Tage. Man spielt völlig frei, aber zeitlich gebunden, schöpft aus dem Moment, jedes Stück ein Abenteuer, ein Ausflug auf unbekanntes Terrain, auf dem aber Energie und Poesie nicht zurückgelassen werden. Vielleicht „The New Dope“, wie dabei ein Titel mit leidenschaftlichem Saxophon-Kontrapunkt lautet. Ja, vielleicht.
Coda: Schon vor soundsoviel Jahren begeisterte Christoph Irniger mit seinem Quintett Pilgrim das Publikum im Stockwerk. Und im Jänner feiert nun auch diese Band ihren Zehner und wird dazu ihr fünftes Album auf Intakt Records unter die Leute bringen. Das gehört sich einfach so.